Johannes van Langenberg war nach Paul Clemens Ansicht aus der Kölner Dombauhütte hervorgegangen. Daß wir etwas über sein Kölner Oevre wissen, verdanken wir einem Zufall. In einem alten Notizbuch aus dem Jahre 1407, in dem die vermieteten Kirchenstühle und Erbgräber in der Kölner Kirche St. Johann Baptist aufgeführt sind, wurden später auf den letzten Seiten folgende Bemerkungen hinzugefügt:
Item die nuwe Douffe sent Johans is gemacht ind up gesaet wurden in dem mertze nae Sen Herberths Dage Anno LXXXIX.
Item der meister der die douffe gemaht haet heist meister Johan van Langenberch. Ind is der allre beste meister der up desse tzyt ze Cöllen wont.
Item desser meister haet ouch di nuwe kirche ind tore gemacht tzo den cruxbroederen.
Item ouch gemacht dat gewulffe zo den clein sent mertten.
Item ouch gemacht zo den mynre broderen den nuwe ganck vur in der kirchen vur dem tore myt synen elteren ouen ind unden.
Item ouch gemacht den nuwen Core sen Laurentius mit der capelle da beneven mit dem gewulffe vur der gerkaemeren. Item ouch gemacht dat tabernaekel vur der fischmenger gaffel unden an dem Ryne mit der gaffelen di verbrant was geweist. Anno 1489. [11]
Die Koelhoffsche Chronik berichtet rühmend, das am 3. Hartmoent 1487 abgebrannte Gaffelhaus sei großartiger wiederaufgebaut worden. Auf der Rheinansicht des Anton Woensam von 1531 kann man den Bau sehen, und zwar neben der Salzgassenpforte. Es ist ein vorne rundes, turmähnliches durch Zinnen bekröntes Gebäude, aus dessen Mitte ein dreiseitiger chorartiger Erker mit spitzem Dach ragt, das in der Chronik genannte Tabernakel. 1736 wird überliefert, das Haus sei baufällig. [12]
Hans Vogts schreibt im Hinblick auf Langenbergs Schaffen in Köln: "`Es liegt nahe, Johann von Langenbergs Namen mit der bedeutenden kirchlichen Bautätigkeit in Verbindung zu bringen, die sich um 1500 in Köln entfaltete und auf die Pfarrkirchen von St. Kolumba, St. Johann Baptist, St. Peter, besonders auf das Kartäuserkloster mit seinem Kreuzgang und seinen von Stern- und Kreuzgewölben bedeckten Hallen erstreckte."' [13] Vogts kann nicht den kleinen Kreuzgang von 1465 gemeint haben, sondern muß an den großen Kreuzgang aus dem Jahre 1492, der auch das "`große Galiäa"' genannt wurde, gedacht haben. Die Errichtung dieses Gebäudeteiles fällt noch in die Zeit der Kölner Wirksamkeit Langenbergs. Der große Kreuzgang war ein 55 mal 60 m großer Umgang, der im Norden und Süden je 18, im Osten und Westen je 19 Joche aufwies und sich durch kunstvolle Ziergewölbe auszeichnete. Acht Joche des Kreuzganges wurden nach einer großzügigen Zuwendung Kaiser Maximilians errichtet. Als die Mönche 1794 das Kloster verlassen mußten, begann der Verfall der Gebäude. Nach 1827 ließ die preußische Militärverwaltung den großen Kreuzgang bis auf zwei Joche im Westen und zehn Joche im Norden abreißen. Am 2. März 1945 wurden die erhaltenen Joche des Kreuzganges bei einem Bombenangriff zerstört. [14]
In einer Veröffentlichung über das Kartäuserkloster äußert Vogts, daß sich "`mit dem 1465 hergestellten Neubau des kleineren Kreuzganges spätgotische Formen ihren Eingang in das Kloster finden, wie sie sich späterhin besonders bei der 1511 geweihten neuen Sakristei zeigen, wahrscheinlich nicht ohne Zusammenhang mit der glänzenden baukünstlerischen Tätigkeit Meister Johann von Langenbergs."' [15]
Das Gewölbe der neuen Sakristei des Kartäuserklosters ist nach dem Vorbild des Ziergewölbes im Münsterkreuzgang zu Basel geschaffen worden. Der Kölner Architekt muß also dieses Gewölbe gekannt haben. Der Weseler Dombaumeister Wolfgang Deurer führt 1991 folgendes in bezug auf das Kartäuserkloster aus: "`Bereits in Köln baut Johann Langenberg der Ältere ein Schleifensterngewölbe mit vom Gewölbegrund gelösten Maßwerkfüllungen .... Wir setzen dies als Kopie von Basel voraus in der Tradition des genialen Benedikt Ried in Prag und Böhmen. Ein Baumeister in Köln, der aufgrund seiner Erfahrung und Ausbildung nach Xanten gerufen wird, beherrschte sicherlich nicht nur sein Handwerk excellent, sondern kannte auch die neuen und eleganten Formen der großen Bauhütten von Straßburg und Prag."' [16]
Klaus Gereon Beuckers weist darauf hin, daß die Quellen keinen Hinweis enthalten, daß Johannes van Langenberg die Gewölbe im Kreuzgang und in der Sakristei der Kartause geschaffen habe. Im Gegensatz zu seinen Werkstattnachfolgern in Wesel habe er in Xanten keine Gewölbe mit Schlingformen oder Maßwerkbesatz geschaffen. [17] Eine Ausnahme ist aber das Gewölbe zwischen den Türmen im Xantener Dom. Beissel führt dazu aus: "`Noch höher ist das Gewölbe in der Mitte des Westbaus, das mit reichem Maßwerk übersponnen ist und so an die kunstvollen Gewölbe der großen Kirche in Wesel erinnert."' [18, S. 207]
Im Jahre 1492 wurde Johannes van Langenberg als Nachfolger des Utrechters Wilhelm Backerwerd nach Xanten berufen, ut esset architectus ecclesiae. Gleich nach dem Vertragsabschluß reiste Langenberg nach s'Hertogenbosch zu einer Unterredung mit seinem Vorgänger Backerwerd. Er hielt sich dort längere Zeit auf. Der Aufenthalt dauerte dem Xantener Kapitel zu lange, so daß es ihn durch einen Boten zurückrufen ließ, der dem Baumeister mitteilte, daß in Xanten keine Königswinterer Trachytsteine vom Drachenfels und Füllsteine mehr vorrätig seien, um die nördlichen Seitenschiffe, die vornehmlich durch die Baumeister Gerard Loemer und Wilhelm Backerwerd errichtet worden waren, zu vollenden.
Johannes reiste nach Bonn und sandte 76 Fuß Trachyt vom Drachenfels. Der Fabrikmeister, der geistliche Verwaltungsbeamte des Stiftes, besorgte Ziegelsteine für die noch fehlenden Gewölbe. Nach Fertigstellung der Gewölbe war der nördliche Teil von St. Viktor vollendet.
Von den südlichen Seitenschiffen waren die zwei Joche, die unmittelbar westlich des Lettners nebeneinanderliegen, seit 50 Jahren ungewölbt und hatten 1449 den Marienaltar aufgenommen. Vor Langenbergs Ankunft in Xanten hatte bereits Wilhelm Backerwerd mit dem Weiterbau an den südlichen Seitenschiffen begonnen. Langenberg begann mit dem Bau der Außenmauer und der Säulen der beiden westlich an die eben genannten Joche anschließenden Joche der beiden südlichen Seitenschiffe. Erst im Jahre 1506 waren die beiden südlichen Seitenschiffe vollendet.
1493 legte Langenberg dem Kapitel einen Entwurf für das Südportal vor, das rechts neben dem romanischen Südwestturm gebaut werden sollte. Der vom Architekten vorgelegte Entwurf sagte dem Kapitel so zu, daß es ihn genehmigte und dem Baumeister eine Sonderzuwendung von drei Mark zukommen ließ, das war so viel, wie ein Steinmetz erster Klasse in drei bis vier Wochen verdiente.
Neben dieser außergewöhnlichen Geldzuwendung erhielt Langenberg ein Jahresgehalt (salarium) von 10 Goldgulden und jährlich zusätzlich 3 1/4 Goldgulden für ein neues Gewand (Tabbert).
Weil im Laufe der Zeit der Geldwert gesunken war, wollte Langenberg 1509 mit seinen Arbeitern nicht mehr zum selben Lohn arbeiten, so daß sich der Fabrikmeister Gerard von Haffen gezwungen sah, den Lohn zu erhöhen. [18]
1493 reiste Johannes van Langenberg fünfmal nach Königswinter oder Andernach, um Steine einzukaufen. In diesem Jahre sandte er 1775 Fuß Drachenfelser Trachyt, den er für 83 Mark erworben hatte, nach Xanten. 1493 mußte er den Steinbrechern in Königswinter für jeden Eckstein 22 kölnische Mörchen und dem Burggrafen für sein Recht je fünf Mörchen zahlen, so daß die Steinbrecher für 162 Steine 16 Mark, 7 Denare und einen Groschen bekamen, der Burggraf vom Drachenfels aber 3 Mark und 5 Solidi erhielt. Zum Abschied verlangte er noch eine Mark, 2 Solidi, 4 Denare und vier Groschen. Im Jahre 1495 zahlte Langenberg dem Burggrafen für sein Recht 20 2/3 Mark und den Arbeitern, die für ihn 842 Fuß Gesimssteine und 98 Ecksteine brachen, 52 1/2 Mark. Um die Königswinterer Arbeiter zu schnellerer Arbeit zu ermuntern, da die Xantener Steinmetzen auf neue Steine warten mußten, schenkte Johannes van Langenberg 1495 jedem Steinbrecher eine Kapuze, 1497 jedem ein Paar Stiefel. 1494 standen dem Architekten 17 Arbeiter zur Verfügung, und zwar zwei Steinmetzen ersten Ranges, sechs Steinmetzen zweiten Ranges sowie neun Lehrlinge und Handlanger. Damals wurden 8 Wagen Füllsteine geliefert. Die Drachenfelser Steine wurden an solchen Stellen eingesetzt, die der Witterung besonders ausgesetzt waren. [19]
Im Jahre 1494 wurde Johannes van Langenberg vom Kalkarer Bürgermeister nach Kalkar gerufen, um beim Umbau und der Aufstockung des Turmes von St. Nikolai als Berater tätig zu sein. 1495 wurden die Arbeiten aufgenommen, 1499 setzte man die Galerie auf den nur etwa 136 Fuß (ca. 40 m) hohen Turmstumpf und verglaste das Westfenster, dessen Maßwerk viel Ähnlichkeit mit Langenbergs Blendfenster am Giebel der Westfassade des Xantener Domes aufweist. [20] In Kalkarer Baurechnungen aus dem Jahre 1497 bezüglich des Turmes der Kalkarer Nikolaikirche ist zu lesen: "`Item in Goxfertzhuyss meister Johan van Langenberch soe die selue der kircken dienstafftich gewest is, geschinckt myt synen knechten 9 st. in syner huysfrauwe ter Lyfnisse 2 Craneborger Keese, tstuck 6 stuuer, fac 21 str."' [21]
Das Goxfertzhuyss, heute Gochfortzhof genannt, wurde wahrscheinlich nach einer Furt in der Gochtersley, einem Bach, der die Untergemeinden Uedemerbruch und Uedemerfeld voneinander trennt, genannt. An dieser Stelle kann man die Gochtersley von Sonsbeck nach Uedem passieren. [22] Der Gochfortzhof liegt nur 2 km vom Horkshof entfernt, wo sich seit dem 17. Jahrhundert eine Familie Langenberg nachweisen läßt, aus der die spätere Baumeisterfamilie Langenberg hervorgegangen ist.
Mit dem Bau des Südportals an St. Viktor in Xanten war 1494 begonnen worden, 1512 war es vollendet. Beim Xantener Portal ist der Typus des Petrusportales am Kölner Dom in spätgotische Formen umgesetzt worden. Obwohl bei der Wand, in der sich das Südportal öffnet, im großen und ganzen die Anordnung der fünf anderen Wände der südlichen Seitenschiffjoche beibehalten worden ist, rahmt hier das Fenster statt der Blende ein prachtvoller Eselsrücken, der mit einer doppelten Kreuzblume über die Galerie des Dachgesimses emporwächst. Ein ähnlicher Kielbogen strebt unmittelbar oberhalb des Portals über eine Horizontalgalerie, die Portal und Fenster voneinander trennt, himmelwärts. Diese Galerie verbindet die beiden sich nach oben dreimal verjüngenden Strebepfeiler links und rechts vom Portal miteinander.
Das Portal selbst ist zweigeteilt. 1509 lieferte ein Steinmetz Robert den Sockel, auf dem das Standbild des Christus Salvator am Trumeaupfeiler, dem Mittelpfosten des Portales, steht. im Portalgewände rechts und links stehen je zwei Bildwerke, an der Innenseite jedes Strebepfeilers je eine Figur. Die inneren Standbilder, die dem Heiland am nächsten stehen, stellen die Apostelfürsten Petrus und Paulus dar, die äußeren die vier Evangelisten. An der Stirnseite der Strebepfeiler standen ursprünglich die Patrone der Kirche, St. Helena und St. Viktor, am Strebepfeiler über St. Viktor sein Anführer St. Mauritius, darüber Maria als die Magd des Herrn. Am anderen Strebepfeiler waren über der Kaiserin Helena wahrscheinlich St. Gereon, darüber der Erzengel Gabriel, welcher der Magd des Herrn die frohe Botschaft brachte, zu sehen. Bei der Restaurierung im 19. Jahrhundert unter Cunos Leitung wurden die vier oberen Bildwerke nicht erneuert, sondern durch einen einfachen Stab ersetzt.
Über den Häuptern der Apostel Petrus und Paulus im Portalgewände wölbt sich eine Hohlkehle mit insgesamt acht Baldachinen, über denen der beiden portalnahen Evangelisten eine zweite Hohlkehle mit zehn Baldachinen, deren Figuren fehlen. [23]
Von den von Johannes van Langenberg entworfenen 13 Statuen sind nur noch vier Standbilder, Petrus, Paulus, Johannes der Evangelist und Matthäus, erhalten, die übrigen erneuert worden. Nach dem Kriege konnten die Bildwerke wegen der Beschädigung des Portales nicht wieder aufgestellt werden. Vor Ostern 1985 sind Abgüsse einiger Bildwerke wieder auf die Sockel gehoben worden, und zwar die Statuen Christi, der Apostelfürsten und der beiden portalnahen Evangelisten.
Fünf Baldachine, die Statuen krönen, fertigte Johann van den Steen in den Jahren 1502 und 1503 an. Fritz Witte hat die Vermutung geäußert, daß Langenberg die Statuen nicht nur entworfen, sondern auch geschaffen habe, da er nicht nur architectus, sondern auch archilapicida gewesen sei. [24]
Stephan Beissel zitiert Beschreiber der Viktorskirche, die das Portal wunderschön genannt und zum Schönsten gezählt hätten, was man von solchen gotischen Detailbauten sehen könne. "`Jedenfalls legt es ein sehr beachtenswertes Zeugnis ab für die Befähigung und das Talent des Langenberg. So ist die Person des Johann Langenberg, welche aus den Baurechnungen immer klarer hervortreten wird, eine der erfreulichsten Erscheinungen, die der Ausgang des Mittelalters bietet, eine letzte Erinnerung an die biederen Meister, welche ohne alle Selbstsucht und ohne ihr Person in den Vordergrund zu schieben, treu und fleißig an der Verschönerung des Hauses Gottes und der Hebung des christlichen Lebens arbeiteten."' [25]
In den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts arbeitet u.a. der Steinmetz Theodor Langenberg, geboren am 1. Mai 1958, Sohn des aus Uedemerbruch stammenden Theodor Langenberg und seiner Ehefrau Gerda Kuhnen, als Mitglied der Xantener Dombauhütte maßgeblich an der Wiederherstellung des Südportales. Theodor Langenbergs Bruder Heinrich Gerhard, geb. 18.10.1959, ist Steinmetz, Bildhauer und Maler.
Während in Xanten am Südportal von St. Viktor gearbeitet wurde, verpflichtete man 1498 Johannes van Langenberg für dat ontwerp van den choir der Kerken in Wesel, d.h. er wurde beauftragt, den Chor der Willibrordikirche zu entwerfen. Die Verwirklichung des Entwurfes dieser fünfschiffigen Basilika nach dem Kathedralschema mit Querhaus und hohem Chor, mit Chorumgang und Kapellenkranz geschah innerhalb von wenig mehr als dreißig Jahren, wenn auch die Bauarbeiten vor der Errichtung des Chorumganges und Kapellenkranzes abgebrochen wurden. 1500 wurde ein Steinkauf überliefert und mit dem Bau von St. Willibrord begonnen. [26] Johannes van Langenberg wurde für seine Tätigkeit in Wesel dort ein offizielles Essen ausgerichtet. [27]
Nach Fertigstellung des Südportals von St, Viktor in Xanten erkrankte Meister Langenberg an der Wassersucht. Das Kapitel schickte einen Boten nach Venrade, um den Medicus Hermann nach Xanten zu rufen. Der Arzt reiste nach Xanten und verschrieb Arzneien, deren Bestandteile aus Emmerich herbeigeholt werden mußten. Die Heilmittel wirkten so ausgezeichnet, daß der Kranke bald genas und nach Königswinter reiten konnte, um neue Steine zu kaufen. Der Arzt erhielt als Entgelt zwei Goldgulden. 1520 wurde noch einmal ein Arzt herbeigeholt. [28]
Während nach Vollendung der Gewölbe in den südlichen Seitenschiffen durch Theodor van Geldern aus Wesel die Fenster verglast und durch Hermann Leuken aus Xanten die 32 Schlußsteine vergoldet wurden, baute Johannes van Langenberg weiter am Mittelschiff. 1506 kaufte er von dem Steinhändler Johann Billerbeck aus Wesel für 19 Philippsgulden sogenannte Monstersteine, Sandstein aus den Baumberger Steinbrüchen, rund 1061 Roersteen (Ruhrsteine) und 180 Fuß Rinnsteine in Mülheim an der Ruhr. Zuerst mußten die Säulen, die nur bis zur Höhe der Seitenschiffe hochgezogen waren, emporgeführt werden.
1508, am 17. Juli dieses Jahres weilte übrigens Kaiser Maximilian in Xanten, [29, S. 73] reiste Johannes van Langenberg nach Köln und kaufte bei dem Steinhändler Johannes Gramm 136 1/2 Wagen Gadelsteen (Füllsteine), die bei den Strebepfeilern verarbeitet werden sollten. 1508 bis 1511 konnten die Obergadenwände der beiden Joche westlich des Lettners bis zum Dach emporgeführt und mit einem Dachstuhl versehen werden. Für Sparren und Balken des Dachstuhles hatte Herzog Johann II. von Kleve 1510 zehn, 1511 sechs weitere große Bäume aus seinem Wald zur Verfügung gestellt. [30] Aus Briefen des Xantener Kapitels vom 23. April 1511 an Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt Kleve und vom 3. Mai 1511 an den Herzog von Kleve geht hervor, daß der Xantener Baumeister "`eine Zeitlang"' an der Klever Kirche tätig gewesen sei und daß man in Kleve den Wunsch geäußert habe, daß das Xantener Kapitel den Baumeister den Klevern weitere zehn bis zwölf Tage überlassen möge. Das Kapitel wäre dazu bereit, wenn es nicht vorhätte, mit Gottes Hilfe seine Kirche in diesem Sommer unter Dach und Fach zu bringen. Wenn der Baumeister nicht mehr gebraucht werde, solle er jederzeit für den Herzog bereitstehen. [31]
Von 1512 bis 1516 wurden die Obergadenwände der beiden westlich anschließenden Joche hochgezogen. Nach Fertigstellung des Daches über diesen Jochen stellte Langenberg gemäß den Vorschlägen der Baumeisterkonferenz von 1487, zu der u.a. der Kölner Dombaumeister Johannes von Frankenberg und der Weseler Meister Heinrich Blankebyl zugezogen worden waren, 1517 den Anschluß an den Westbau her. Langenberg ließ das alte romanische Kreuzgratgewölbe zwischen den Türmen einreißen und einen Teil der romanischen Westfassade niederlegen, um Raum für ein großes Fenster zu schaffen, für das er im Jahre 1517 Steine kaufte. Aus Andernach kamen Steine für die Einfassung, der Sandstein für das Maßwerk aus dem Münsterland. Für dieses Fenster vermachte der am 26. Februar 1513 zu Rom verstorbene Kardinal Lukas von Raynaldi, der seit 1507 Stiftsprobst in Xanten war, 100 Gulden. [32] Johannes van Langenberg bringt, wie Dehio sich ausdrückt, im Westfenster "`eine energiegeladene Figuration aus ineinanderströmenden Fischblasen."' [33]
Anschließend wurde der alte romanische Westbau durch Einbau eines Sterngewölbes zwischen den Türmen mit dem gotischen Neubau verklammert. Um diese Zeit wurde auch die westliche Hälfte des Mittelschiffes eingewölbt. Die Gewölberippen der vier westlichen Joche des Mittelschiffes bilden in der Mitte einen Rhombus mit vier Schlußsteinen. Diese vier Joche haben demnach 16 Schlußsteine. Die seitlichen Schlußsteine ließ Langenberg mit Rosen verzieren, mit krausem steinernem Laubwerk. Auf den acht Schlußsteinen in der Mitte ließ er von Westen in Richtung Lettner Engel mit den arma Christi, den Leidenswerkzeugen Christi, darstellen. Der erste Engel trägt das Schweißtuch der Veronika, der zweite die Geißelrute, der dritte die Säule, an welcher der Heiland gegeißelt wurde, der vierte zeigt die Dornenkrone, der fünfte Christi ungenähten Rock, der sechste hält Hammer und Zange, der siebente Speer und Rohrstab mit Schwamm, auf dem achten sind zwei Engel neben einem Helm zu sehen, auf dem Christus, vor seinem Kreuz stehend, auf seine Wunden zeigt. Bei der Zerstörung des Domes sind die Figuren zu Boden gestürzt und bis auf den Engel mit dem Schweißtuch fast vollständig vernichtet worden. Walter Bader wagte nicht, die Figuren in Tuff kopieren zu lassen. Er ersetzte sie vielmehr durch solche aus Eichenholz. Die Leidenswerkzeuge Christi wurden 1514 von Heinrich von Holt, den Bader nicht mit Heinrich Douvermann identifizieren möchte, in Kalkar geschaffen. [34]
Als Zeichen der Erlösung bezogen sich die arma Christi nicht nur auf das Triumphkreuz über dem Kreuzaltar im Osten, sondern ebenso auf das Bild des Weltenrichters, der im Westfenster thronte. Diese Darstellung ist leider nicht mehr vorhanden. Johannes van Langenberg hat sich in bezug auf die arma Christi wahrscheinlich von der Gewölbedekoration im südlichen Querarm der Kirche St. Servatius in Maestricht beeinflussen lassen. Um ein steinernes Bild des Weltenrichters gruppieren sich hier 28 Schlußsteine in vier konzentrischen Kreisen. Den Richter umgibt ein erster Kreis von sechs Schlußsteinen, von denen vier Engel darstellen, die die Leidenswerkzeuge Christi tragen. Johannes van Langenberg war mehrere Male in Maestricht wegen des kupfernen Leuchterbogens, der hier in Arbeit war und 1501 im Chor von St. Viktor aufgestellt wurde. [35]
Nach Vollendung des Mittelschiffes führte Langenberg den Barbaraturm im Nordwesten zur Höhe des Südwestturmes empor, der bereits nach dem Brande von 1372 das sechste und letzte Stockwerk erhalten hatte. Den Barbaraturm beließ man bei drei Stockwerken und versah ihn mit einem Notdach. 1514 wurde er in den Baurechnungen "`kleiner Turm"' genannt. Als man die westlichen Joche des Mittelschiffes zu wölben begann, baute man das vierte und fünfte Stockwerk des Barbaraturmes genau nach dem Vorbild dieser Geschosse des Südwestturmes. 1519 lieferte der jüngere Billerbeck Münstersteine für die Gesimse des sechsten Stockwerkes des Nordwestturmes, das eine freie Nachbildung des entsprechenden Stockwerkes des Südwestturmes ist. [36]
Die Vollendung des Barbaraturmes erlebte Johannes van Langenberg nicht mehr, denn am 3. Februar 1522 starb er. Seine Witwe Druyken (Gertrud) bezog das Jahresgehalt der Rente, das der verstorbene Meister für sich und seine Erben gekauft hatte. 1500 hatte nämlich der Fabrikmeister vom Architekten 40 Goldgulden gegen Erbrente von 2 Goldgulden, also zu 5 %, bekommen. Das Kapitel zahlte für sie die Miete, solange sie lebte. 1529 berechnete der geistliche Verwaltungsbeamte die Miete der Witwe auf 4 1/2 Mark = 54 Solidi. Der Vater der Witwe hieß übrigens auch Johannes Langenberg, der in den Baurechnungen von 1493 bis 1503 wiederholt erwähnt wird. Seinen Verdiensten um die Schiffahrt wird höchstes Lob gezollt. Er wird dort erfahrener und treuer Schiffsmann genannt, der bei Ankauf und Ausrüstung der Schiffe der Kirche mit Rat und Tat geholfen und viele Dienste geleistet habe. Druyken schenkte dem Fabrikmeister den silbernen Maßstab ihres Mannes. Er wog 13 Lot weniger 1/4. Der Fabrikmeister verkaufte ihn zum Besten des Baues für 10 1/2 Mark. Johannes van Langenberg hinterließ eine Tochter Gertkina (Margarete), die mit Reiner Thilmanns verheiratet war. Sein Werk setzte Gerwin van Langenberg, sein Sohn oder Neffe, fort. [37]
In den Jahren 1589/90 wohnte im Hause Köln, Breitestraße Nr. 843, als Eigentümer der Steinmetz Erwin van Langenberg, der möglicherweise auch zur Familie des Johannes van Langenberg gehörte. Er hatte u.a. 1569 - 1572 für den Schöffen Adolph von Brauweiler im Haus Rosenthal, Obermarspforten, und 1575 für eine Witwe Matern Baumaßnahmen durchgeführt. [38]
Julius Langenberg Sa 13. Aug 12:13:35 CEST 2016