Gerwin van Langenberg und sein Sohn Johannes Gerwinson, die bisher schon im Auftrage des Herzogs von Kleve Bauaufgaben ausgeführt hatten, waren seit Einführung der Reformation in Wesel im Jahre 1540 und der gleichzeitigen Einstellung der Bauarbeiten an St. Willibrord ohne Beschäftigung. Gerwin wird sich wegen seines Alters nach keiner neuen Arbeit umgesehen haben. Anders wird es bei seinem Sohn Johannes gewesen sein, der wohl um 1500 geboren wurde. In den Jahren 1541 und 1542 wirkte ein Meister Johannes Gardesuner unter der Oberleitung eines Meisters Heinrich Bruenswick beim Bau von Festungswerken in Bergheim mit. Vom 13. Mai 1543 bis zum 25. August 1543 weilte ein Meister Johannes auf ausdrücklichen Befehl des Herzogs von Kleve, Jülich und Berg in Jülich, nachdem der Beschluß Herzog Johanns des Friedfertigen, Jülich zur Landesfestung auszubauen, 1538 durch die Landstände gebilligt worden war. Johannes baute damals die an der Ostfront liegenden Werke. Am 28. August 1543 wurde die Stadt den Soldaten Kaiser Karls V. kampflos übergeben. Nach Ansicht Friedrich Laus ist anzunehmen, daß dieser Meister Johannes der obengenannte Meister Johannes Gardesuner war. Es fällt auch die Ähnlichkeit der Namen "`Gerwinson"' und "`Gardesuner"' auf. Wenn "`Gerwinson"' mit italienischem Akzent gesprochen wird, kommt man der Aussprache "`Gardesuner"' nahe. [55]
Meister Johannes war der Aufgabe wohl nicht gewachsen, nicht nur eine Festung, sondern eine Stadt nach den modernsten Vorstellungen im Stil der Renaissance zu entwerfen. Es spricht einiges dafür, daß der Weseler Architekt Gerwin selbst den Herzog, für den Gerwin gearbeitet hatte, auf den italienischen Architekten Alessandro Pasqualini aufmerksam gemacht und ihm den Weg zum Herzog geebnet hat. Friedrich Lau führt aus: "`Vielleicht haben außerdem die Beziehungen, die der Künstler nachweislich in Wesel angeknüpft hatte, ihm den Weg zu seiner Berufung nach Düsseldorf erleichtert."' Als Gegenleistung könnte dann wohl Pasqualini bereit gewesen sein, Gerwins Sohn Johannes unter seiner Oberleitung arbeiten zu lassen. Friedrich Lau erwähnt auch, daß Alessandro Pasqualini einen Weseler Bildhauer beschäftigt und sein Steinmaterial z.T. aus Wesel bezogen habe. [56]
Pasqualini, der am 5. Mai 1493 in Bologna geboren wurde, [57] seine Jugend dort verbrachte, seit 1532 in den Niederlanden wirkte und in Antwerpen wohnte, war aus der Schule der Raffael, Serlio und Bramante hervorgegangen. Er wurde auch von Leon Battista Alberti, Baldassare Peruzzi und Guilio Romano, einem Schüler Raffaels, beeinflußt. Die Idealstadtpläne der Vasari und Scamozzi dienten ihm als Vorbilder für die Stadtplanung in Jülich. [58] Der Hauptentwurf Alessandros für den Neubau der Stadt wurde schon im Jahre 1547 in den Grundzügen fertiggestellt. Alessandro Pasqualini trat erst am 15. April 1549 endgültig in die Dienste des Herzogs von Kleve, Jülich und Berg, nachdem am 23. Dezember 1548 sein bisheriger Gönner Graf Maximilian von Egmond gestorben war. [59]
Im Jahre 1547 war bei einem großen Stadtbrand Jülich eingeäschert worden, und Alessandro Pasqualini hatte jetzt nicht nur die Gelegenheit, ein imposantes vierflügeliges Renaissanceschloß mit der berühmten Schloßkapelle innerhalb eines Zitadellenquadrums (Palazzo in fortezza), das an die pentagonale Stadtbefestigung angebunden war, zu entwerfen, sondern eine ganze Stadt.
Alexander Kabza hatte in seiner Dissertation die Auffassung vertreten, Alessandro Pasqualini habe seine ganze Aufmerksamkeit dem Bau des Schlosses und der Stadt gewidmet, während er den Bau des gewaltigen Kastells und der anderen Befestigungsanlagen, die zwischen 1549 und 1557 geschaffen wurden, einem Meister Johann überlassen habe. Es sei jedoch nicht auszuschließen, daß Vorentwürfe Pasqualinis vorgelegen hätten. [60] Jürgen Eberhardt hatte 1972 erkannt, daß das Idealmodell, das sich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Bayrischen Armeemuseum in Ingolstadt befand und dort bei Kriegsende verbrannte, die Jülicher Zitadelle darstellte. Deutlich ist am Schloß die charakteristische Apsis der Kapelle und das Meisterzeichen Pasqualinis sowie die Jahreszahl 1545 auf einem der beiden Fotos des Modells, die erhalten blieben, zu erkennen. [61] Nach einem Aufenthalt Pasqualinis in Jülich im Jahre 1547 wurde 1548 mit den Arbeiten begonnen. und zwar nach einer Änderung des Pasqualini-Entwurfes. Nach Auffassung Eberhardts war der Bauleiter bei der Ausführung der Reduzierungsplanung als Verkleinern des Außenwalles und Weglassen des Innenwalles wahrscheinlich Meister Johannes. [59]
Um die Jahrhundertwende war die Vermutung geäußert worden, dieser Meister Johann könne unter Umständen Joist de la Court oder auch jener geheimnisvolle Johann Edeler gewesen sein, der 1721 in Werner Teschenmachers Annalen, p.465, genannt wird. Johannes Edeler baute 1554 für Wilhelm den Reichen an der Sparrenburg in Bielefeld. Richard Klapheck erwähnt 1916 in seiner "`Baukunst am Niederrhein"' diese Meinungen, ohne sich über ihren Wahrheitsgehalt zu äußern. [62] Kuhl und Lau lehnten diese Hypothesen rundweg ab. Friedrich Lau hielt es für wahrscheinlicher, daß dieser Meister Johannes mit dem obengenannten Meister Johann Gardesuner gleichzusetzen sei. Kuhl meinte, daß Meister Johannes jener nicht näher bezeichnete "`Meister von Bedburg"' gewesen sein könne, der als Mitarbeiter Alessandro Pasqualinis vom 11. bis 17. Mai 1552 in Köln war, um Ratschläge bezüglich der dortigen Festungswerke zu erteilen. Für seine Arbeit in Köln erhielt Alessandro 50, sein Begleiter 10 Taler.
Bevor sich Alessandro Pasqualini mit dem Meister von Bedburg 1552 in Köln aufhielt, wurde die Rathausfassade am Kölner Altermarkt geschaffen. Nachdem Hans Vogts die Erker des Hauses Konradsheim bei Lechenich (1548), des Hauses Burgau bei Niederau und der Harfer und Gymnicher Burg bei Nörvenich nahe Düren (um 1565) erwähnt hatte, führt er aus: "`Das Hauptwerk dieser rheinischen, auf Überlieferung fußenden Frührenaissance, das aber die genannten Werke, soweit sie bekannt sind, an Eigenartigkeit und Großartigkeit der Gliederung übertraf und eine bedeutende künstlerische Kraft und ein vertieftes Eingehen in die italienische Kunstrichtung verriet, war die bis auf den älteren gotischen Unterbau 1869 völlig zerstörte Altermarktfassade des Rathauses, deren Bau am 19. Oktober 1548 beschlossen, am 18. Februar 1549 begonnen und am 28. August 1551 fertiggestellt wurde. Sie erhob sich über der gewölbten Halle des Jahres 1540 und einem Altan in drei durch doppelte Pfeilerstellungen geschiedenen Teilen, die oben durch schöngefüllte Reliefs und Halbkreisgiebel abgeschlossen wurden; das erste Obergeschoß zierte in der Mitte ein dreiseitiges Chörlein. Der Meister des Hauses ist nicht bekannt; nach den spärlichen Abbildungen, die uns erhalten sind, scheint es nicht unmöglich, daß er aus dem Kreise des Jülichschen Baumeisters Alessandro Pasqualini stammt, der selbst neben dem Bauleiter des Schlosses in Bedburg im Jahre 1552 mehrfach wegen einer Verbesserung der Festungswerke in Köln war."'[63] Die Hypothese ist wohl erlaubt, daß das spätgotische Untergeschoß mit den gewölbten Hallen (1540) und die darüberliegenden Geschosse im Stil der Frührenaissance (1548 bis 1551) von demselben Baumeister stammen. Wenn Meister Johann mit Johann Gerwinson identisch ist, kann man verstehen, daß ein Baumeister, der in Wesel bis 1540 spätgotisch baute, in Köln am Rathaus 1540 ein spätgotisches Erdgeschoß errichtete, später, in den Jahren 1548 bis 1551, nachdem er durch Alessandro Pasqualini in den Renaissancestil eingeweiht worden war, die oberen Stockwerke im neuen Stil ausführte.
Kuhl stellte sich die Frage, ob Johannes Pasqualini d.Ä., ein Sohn Alessandros, nicht Meister Johanns Patenkind gewesen sei. Johann ist nach Kuhls Auffassung wohl auch mit dem Wallmeister Johann identisch, der 1559/60 zum Herzog von Württemberg geschickt wurde. [64]
Meister Johann Gardesuner war zwischen 1557 und 1565 als Bauleiter in Hambach tätig. Er wurde jedoch von Jülich aus von Alessandros Sohn Maximilian (1534 - 1572) beaufsichtigt. Alessandro selbst war 1551 und 1555 kurz in Hambach erschienen. Unter Johanns Leitung wurden der Ostturm erneuert und zwei Saalbauten im Anschluß an den spätgotischen Südturm errichtet, an deren Hoffront sich die Arkaden einer zweigeschossigen Renaissanceloggia zeigen, die denen in Bedburg sehr ähnlich sind. Johann Gardesuner führte Soldlisten über die am Bau Beschäftigten und schloß Arbeitsverträge mit einzelnen Handwerkern ab, die jedoch nicht auffindbar sind. Die Baukosten zwischen 1557 und 1565 betrugen 29614 Gulden. [65] Meister Johann arbeitete auch einen Festungsplan für die Stadt Orsoy aus, der jedoch nicht ausgeführt wurde. Dieter Kastner hat erforscht, daß der eigentliche Erbauer der Festung Orsoy eindeutig Johann Pasqualini d.Ä. war, der nach dem Tode seines Bruders Maximilian im Jahre 1572 Generallandesbaumeister war und in Orsoy ein Haus besaß. [66]
Herzog Wilhelm der Reiche, der seit den sechziger Jahren an einer Geisteskrankheit litt, verlor immer mehr das Interesse an Hambach und Jülich. Das Herzogspaar hielt sich noch einmal vom 26. November bis zum 2. Dezember 1564 mit dem gesamten Hofstaat im Jülicher Schloß auf. Danach wurde jedoch die Hauptresidenz nach Düsseldorf verlegt. Unter der Oberleitung Alessandro Pasqualinis und seiner Söhne Maximilian und Johannes baute man in Düsseldorf seit 1549 am Schloß. [67]
1557 weilte der deutsche Meister Johann wegen des Baus von Defensionskasematten Düsseldorf. Am 11. August 1559 schrieben die herzoglichen Räte an Wilhelm von Bernsau, Amtmann in Solingen: "`Wes auch des Bows halber mit den Burgeren alda in Dusseldorff gesprochen, ist gleichfals irer f.gn. vermeldet worden. Und mogen ire f.g. gnediglich erleiden, das Meister Hans mit seinem fürhabenden bow vortfahre, welchs ire im also zu vermelden, umb sich danach wissen zu richten."' [68]
Der berühmte Straßburger Festungsbaumeister Speckle (Specklin) besuchte 1567 Meister Johann, der sich Specklin gegenüber wegen der Zurücksetzung durch die Italiener Pasqualini beklagt haben soll. Specklin hatte sich 1567 und 1577 bei einem zweiten Besuch in den Niederlanden intensiv mit Meister Johanns Festungsbauten in Düsseldorf auseinandergesetzt. Im Generallandesarchiv in Karlsruhe wird ein Plan von Daniel Specklin aufbewahrt, der die älteste Zeichnung von der Festung Düsseldorf darstellt. Aus der Vogelperspektive sind auf dem Plan die Festungswerke mit der Zitadelle und das Schloß zu sehen. Er trägt die Aufschrift: "`Düsseldorff in Landt zu Bergen dem Herzog von Jülich ist auff Jülichich Manier gebawen, doch hatt das Castel vil Verenderung."' Es handelt sich bei dieser kolorierten Zeichnung nicht um einen Entwurf Specklins, sondern um eine Nachzeichnung des Festungsbauplanes, der wahrscheinlich von Meister Johann stammt, der maßgeblich an der Befestigung Düsseldorfs beteiligt war. [69]
Dieter Kastner hat Quellen aus dem Stadtarchiv Wesel bezüglich der Anfänge der Festung Wesel und des Baus der Flesgentorbastion im Jahre 1568 ausgewertet.Nach langer Friedenszeit, in der Handel und Handwerk in der Stadt blühten, drohten nun 1567 kriegerische Auseinandersetzungen. Wesel hatte viele calvinistische Flüchtlinge aus den Niederlanden aufgenommen. Die alteingesessenen Bürger der Stadt sympathisierten mit ihnen. 1567 war der spanische Feldherr Herzog Alba in den Niederlanden erschienen, um den Calvinismus mit Stumpf und Stiel auszurotten. Er bedrohte jetzt das calvinistenfreundliche Wesel. Man hatte in den langen Friedensjahren nichts getan, die Stadt auf moderne Art zu befestigen. Die mittelalterlichen Befestigungen hätten den modernen Kanonen nicht lange standhalten können. Im Jahre 1566 hatte der klevische Landesbaumeister Johann Pasqualini d.Ä. begonnen, das Städtchen Orsoy zur stärksten klevischen Festung auszubauen. In ihrer Not holten die Weseler den berühmten Festungsbaumeister in ihre Stadt, damit er dem Rat der Stadt Vorschläge im Hinblick auf eine Modernisierung der Stadtbefestigungen unterbreitet. Dafür erhielt er 12 Goldgulden und 19 Albus (Weißpfennige). Bald war er wieder in Wesel. Für Vermessung und Bauzeichnung zahlte ihm der Rat 13 Goldgulden. Für jede weitere Inspektion verlangte Pasqualini 5 Taler. Ein Taler hatte den Wert von 54 Albus. Ein an der Flesgentorbastion beschäftigter Tagelöhner erhielt Albus, ein Meister am Tag 10 Albus. Da der Stadtmaurermeister Peter und der Werkmeister Derich Herzogs im Festungsbau nicht die nötige Erfahrung besaßen, sandte der Landesbaumeister Fachleute aus Orsoy nach Wesel. Seit dem 30. August 1568 arbeitete Meister Johannes in Wesel. Er und ein Meister Karl wirkten bis zum 27. November an der Flesgentorbastion. [70]
Am 2. September 1578 erhielt Meister Johann Gardesuner - dieser Name erscheint jetzt wieder - eine Schlußzahlung von 500 Gulden. [71] Ob sein Sohn weiterhin für den Herzog gearbeitet hat, konnte bisher nicht ermittelt werden. Dem italienischen Baumeister Alessandro Pasqualini ist bereits im 16. Jahrhundert der Ruhm, die gewaltige Zitadelle in Jülich gebaut zu haben, ernstlich bestritten worden. Gerhard von Jülich hatte noch ausdrücklich den Italiener auch als Erbauer der Zitadelle gefeiert. Daniel Specklin jedoch sprach mit allem Nachdruck das ganze Verdienst an diesem Werk einem anderen Meister zu. [72] Specklin schrieb in seinem Werk "`Architectur von Vestungen"' 1589 folgendes:
"`In besonders Güllich, Statt und Schloß, dieweil aber solches Castell in die vierung gebawen ist, wiel ich solches zu einem Exempel für mich nemen, bevorab weil es der aller besten Castell eines ist, so in die vier Kandten gebawet worden und ichs auch nach den Antorffischen (Antwerpischen) für das aller beste acht, so in gantzen Niederland ist...Und solches hierinn muß ich loben, dann es just sein gewisse Mensur auf jm tregt und bkomt, und hat M. Johann des Hertzogen von Gülich Bawmeister, wie auch sein Sohn, als ich jhnen im Jahre 67 besuchet, und er noch an Düsseldorf bawte, in allem solche Mensur gehalten, derhalben ich Ihm disen rhum gibe, nit darumb dieweil er ein Teutscher alter Mann ist, sonder weil die Italianer jhnen in vilen dingen verlachen, wie jhr Brauch ist, sie aber darvor weder in Italia noch an keinem end ein solchen justen Baw vor dieser zeit (dann jetzt sein sie besser) gethan haben."'
Friedrich Lau äußerte, die Pasqualini hätten keine Konkurrenz aufkommen lassen. "`Daraus erklärt sich ohne weiteres die Verbitterung des schon öfters genannten Meisters Johannes, dessen Leistungen nur zur Mehrung des Ruhmes der Pasqualini beitrugen, ohne irgendwelche Anerkennung vor der Welt zu finden. Dieser Mann, der sowohl in Jülich und Orsoy wie in Düsseldorf, überschattet von den Gestalten der allesvermögenden und allesgeltenden italienischen Baumeister, ein langes Leben ohne Dank vergeuden mußte, ist wohl das beste Beispiel dafür, wie die Pasqualini ihre Gehilfen auszunutzen wußten."' [73]
Es spricht noch eine andere Tatsache dafür, daß der obengenannte Meister Johann mit Johann Gerwinson van Langenberg identisch ist, denn zu Beginn des 17. Jahrhunderts kamen die Familien Pasqualini und Langenberg gleichzeitig in Bocholt, dann auch im Raume Uedem vor. Maximilian Pasqualinis Sohn Johannes war mit einer Emerantia von Raesfeld, die einer Bocholter Patrizierfamilie entstammte, verheiratet. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts ist in Bocholt eine Familie Langenberg nachweisbar. Seit fast 4 Jahrhunderten sitzt in Bocholt-Lowick eine Familie Langenberg. Im Bocholter Stadtmuseum hängt im Treppenhaus ein Balken mit folgender Aufschrift: "`Anno 1704 den 11. Julii. Heinrich von Langenbergh und Hanna Bruns gewest Eheleute. Sie ist den 25. Julii 1703 ihm Herren untst"'.
Ergänzend kann das katholische Kirchenbuch St. Georg in Bocholt herangezogen werden: Henricus Langenbergh, Sohn eines Conrad van Langenberg, heiratete am 5.2.1692 in Bocholt eine Hermanna Bruns, getauft am 31.7.1664 in Bocholt, Tochter eines Wessel Bruns und einer Geseken Rothuß. [74]
Nach einem Namensträger ist in Bocholt eine Straße, ein Park und eine Schule benannt. 1606 hat ein unbekannter Maurermeister einige Patronen (Bauentwürfe) zum Rathaus konzipiert und zu Papier gebracht. Vielleicht hat der klevische Generallandbaumeister Johannes von Pasqualini d.J. den Sohn des alten teutschen Meisters Johannes, der nach Speckle Mitarbeiter seines Vaters in Düsseldorf gewesen ist, für diese Aufgabe empfohlen. Seit Dezember 1623 ergriff der Fürstbischof von Münster harte Maßnahmen gegen die Reformierten in Bocholt, so daß viele Protestanten in die Niederlande, besonders in das 40 km nordwestlich von Bocholt gelegene Zutphen übersiedelten, so auch der reformierte Zweig der Familie Langenberg, aus der mehrere Architekten hervorgingen.
Anton Schmeddinghoff hält es für möglich, daß Johannes Pasqualini der Jüngere selbst einen Entwurf vorgelegt hat. [75] Nicht auszuschließen ist auch, daß der Plan von Willem van Bommel aus dem nahegelegenen Emmerich stammt, der von 1596 bis 1601 den Bau des Rathauses in Venlo leitete. [76] Als möglicher Architekt des Bocholter Rathauses käme noch Johannes von Brachum in Frage, Sohn des aus Wesel stammenden Meisters Laurenz. Johannes baute 1598 bis 1604 für den Grafen Arnold von Bentheim an den Renaissanceflügeln der Schlösser Rheda und Burgsteinfurt sowie am Rathaus in Rheda. [77] Karl Eugen Mummenhoff nennt als möglichen Architekten den Bildhauer Gerhard Gröninger aus Münster, der von 1612 bis 1616 den Galeriebau des Schlosses zu Darfeld (Krs. Coesfeld) entwarf und die Bauleitung innehatte.Gröningers Schule schreibt er die Bauzier am Bocholter Rathaus zu. Der Fassadenentwurf geht im Prinzip auf Vorlagen des Hans Vredeman de Vries (1527 - 1605) zurück. Mummenhoff weist auch darauf hin, daß Lieven de Key, der Architekt des Rathauses in Leiden, Schüler des Hans Vredeman de Vries war und daß die Ausführung des Baus in der Hand des berühmten bremischen Baumeisters Lüder von Bentheim lag, der vielleicht auf dem Weg von Leiden nach Bremen in Bocholt Station machte und das Rathaus entwarf. Leider kommen wir nicht über Vermutungen hinaus, da im Bocholter Stadtarchiv alles Aktenmaterial aus den Jahren 1610 bis 1624 nicht mehr vorhanden ist.
Eine Persönlichkeit muß unbedingt genannt werden, weil sie sicherlich Anteil am Bau des Rathauses hatte, Johann van Delft, später Stadtzimmermeister in Bocholt. Er erhielt 1620 in Bocholt eine Wohnung. Er wird wohl als Mitarbeiter des berühmten Hendrik de Keijzer aus Utrecht (1565 - 1621), des Amsterdamer Stadtarchitekten, Stadtsteinhauers (Bildhauers) und Goldschmiedes, beim Bau des Rathauses in Delft (1618) tätig gewesen sein.Er konnte als Zimmermann auch Aufgaben als Baumeister und Architekt wahrgenommen haben. Stadtarchivar Etienne van den Hombergh aus Zutphen teilte dem Verfasser mit, daß zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Zutphener stadstimmerman Johan Hellenbreker auch die Tätigkeit eines bouwmeesters ausgeübt habe.
Das Zutphener Weinhaus mit seinem Turm wurde zwischen 1618 und 1642 nach einem Entwurf des Stadtbaumeisters Emond Hellenraet onder invloed van Hendrik de Keijzer gebaut. Bekannte Schreiner und Zimmermeister waren als Theoretiker und Praktiker der Architektur tätig, so z.B. Rutger Kaßmanns (Kaseman, Kosmann), Schreiner, Zimmermeister und Bildschnitzer. Er ließ in Köln 1615/16 und 1630 Architekturvorlagen (Säulenbücher) drucken, deren verschiedene Auflagen die "`Weiterentwicklung des nordischen Roll- und Beschlagwerks zum deutschen Knorpelwerk veranschaulichen"' (Karl Woermann).
Während der Bauzeit des Renaissancerathauses 1618/19 war ein Severin de Wild von 1615 bis 1620 Bürgermeister in Bocholt. Ein Johannes Langenberg, genannt de Wild, taucht 1629 und 1631 in Keppeln, dem heutigen Uedem-Keppeln, in Kriegskontributionslisten auf. [78] Er kann auch schon 1620 dorthin gekommen sein. Auch hier war die Familie Pasqualini einflußreich. Maximilian von Pasqualini bezog eine Rente aus Uedem. Er war seit 1560 mit Ida Tack, geboren am 17. April 1540, gestorben am 17. Mai 1601 in Xanten, verheiratet. Nach der Familie Tack ist wohl der Tackenhof nördlich des heutigen Uedem-Keppeln benannt. Ida Tacks Eltern waren Johann Tack und Mechteld von Kleve, genannt von Hessen. Diese war eine Tochter Adolfs, eines natürlichen Sohnes Herzog Johanns II. von Kleve. Herzog Wilhelm verschrieb am 4. Juli 1578 Ida geborene Tack nach dem Tode ihres Gatten im Juni 1572 für Lieferung von Leinenzeug in die Schlösser Monterberg und Kleve sowie Bardarlehen eine Rente aus der Schlüterei Uedem. [79]
Maximilians Sohn Alexander von Pasqualini d. J., seit dem 14. Juni 1608 herzoglicher Baumeister, geboren am 17. Juli 1567, verheiratet mit Maria von Megen, erstellte 1592 eine Planzeichnung zu einem Gutachten seines Bruders Johannes in bezug auf Wesel. 1597 bis 1602 stand er in kaiserlichen Diensten und begutachtete die kaiserlichen Grenzfestungen gegen die Türken.Von 1603 bis 1606 beriet er den Pfalzgrafen von Neuburg und baute in Neuburg an der Donau am Schloß und am Rathaus. 1604 kam er als Begleiter seines Bruders in Heinsberg vor, 1605 war er in Wesel nachweisbar. [81]
Seit dem 14. Juni 1608 übte er neben dem Amt eines herzoglichen Baumeisters das eines Schlüters in Uedem aus,.d.h. er verwaltete unter dem Rentmeister in Kleve den Bezirk Uedem. 1611 und 1615 erwähnen ihn die Schöffenbriefe der Stadt Uedem in seiner Eigenschaft als Schlüter. [80] Aus der Schlüterei Uedem erhielt Alexander von Pasqualini d.J. jährlich 13 Malter Roggen und 12 Malter Hafer. [82] Am 2. Februar 1614 verkauften Alexander Pasqualini d.J., Schlüter von Uedem, seine Ehefrau Maria von Megen und sein Vetter Maximilian von Pasqualini d.J. ihr Haus in Xanten, Bemmelstraße, "`an einer Seite nächst Bernsaus Haus, mit der anderen neben den Morenhäusern, den städtischen Armenhäusern, mit allem Zubehör und Garten an Johann Kerkhoff, Heinrich van Issum, Martin van den Graef und Stefan Kael, Bürger der Stadt Xanten, zu Behuf der reformierten Religionsverwandten. Der Kaufpreis betrug 700 Thaler. Auf dem Hause lasteten zwei jährliche Renten: die eine von einem Goldgulden und zwei Mark war an die Vikarien, die andere von 24 Schillingen halb an die Provisoren des Gasthauses und halb an die Provisoren der Almosen zu Xanten zu entrichten. Von der Kaufsumme sollten 300 Thaler Johanni 1614 und der Rest im folgenden Jahre erlegt werden. Die als Ankäufer genannten Ältesten (Presbyter) haften dafür mit ihrem Vermögen. Die zu dem Kauf und Umbau des Hauses erforderlichen Gelder wurden zum größten Teil geschenkt. Als die erste mildeste Stifterin dieses göttlichen Hauses erscheint Henrica Wilskamp, Witwe von Georg Cleven, die wir bereits früher als Wohltäterin der Gemeinde kennenlernten. Sie schenkte die Summe von 300 Thalern. Den gleichen Betrag stiftete auf Bitten der Gemeinde am 6. April 1614 Markgraf Georg Wilhelm von Brandenburg, der Nachfolger des inzwischen verstorbenen Markgrafen Ernst im Statthalteramt."' [83]
Im Jahre 1619 taucht Alexander in Düsseldorf auf. Er erarbeitete einen Vorschlag zur Verbesserung des Walls zwischen Flinger- und Mühlenbastion. Eine Federzeichnung 350 mal 230 mm ist auf der Rückseite signiert: Alexander Pasqualini 1619. [87] Bevor Alexander von 16. bis 17. Juni 1620 als Ältester auf der reformierten Klever Synode erschien [84] und am 13. August in Zyfflich belehnt wurde [85], war er als Schlüter am 12. April 1620 bei einem Verkauf in Uedemerbruch tätig [86]. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts kann auf dem Horkshof in Uedemerbruch eine Familie Langenberg nachgewiesen werden. Alexander von Pasqualini, der das Haus seiner Mutter in Xanten geerbt hatte, wurde 1623 in Uedem durch einen anderen Schlüter ersetzt. Am 7. Februar 1625 wurde Maria, Alexanders Gattin, beim Verkauf eines weiteren Hauses in Xanten Witwe genannt. Alexander hinterließ keine männlichen Erben. [88]
In Kalkar, das nur wenige Kilometer von Uedem entfernt liegt, ist nach der Mitte des 17. Jahrhunderts eine Familie van Langenberg (Langenbergh) nachweisbar. Das "`van"', das in Uedem vor dem Namen Langenberg nur selten in Erscheinung tritt, fällt in Kalkar bis zum Jahre 1700 nur dann und wann (13 mal mit und 6 mal ohne "`van"'), nach der Mitte des 18. Jahrhunderts vollständig weg.
Ein Johannes van Langenbergh, der wohl zwischen 1620 und 1630 geboren wurde, heiratete um 1650 eine Margarete Huyngh. Die Familie Huyngh stammt aus der Gegend um Well und Bergen an der Maas. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, die im Kalkarer Taufregister auftreten: Maria (van) Langenberg (Langenberch), geboren um 1645/50, heiratete vor 1675 Gerardus Bosmann; Rutgerus van Langenberg (Langenbergh), getauft am 12.12.1654, gestorben am 18.12.1724 in Kalkar, hatte am 26.06.1684 in Hönnepel Johanna Lemmen (* um 1660 in Hönnepel, + im Juni 1702 in Kalkar) geheiratet; Elisabetha van Langenberg ( um 1660/70, heiratete vor 1698 Andreas van Holt. Rutgerus ist ein Vorfahre des berühmten Gocher Bildschnitzers und Bildhauers Ferdinand Langenberg (* 7. April 1849 in Goch, + 17. Februar 1931 in Goch). Ferdinands Bruder Alois, Steinhauer, und Ferdinands Sohn Joseph arbeiteten in dessen Werkstatt.
Rutgerus taucht am 24.02.1704 in Uedem als Pate einer Aleidis Riddermans, Tochter des Petrus Riddermans und der Johanna Gulmans, auf, die nahe Verwandte der Uedemer Langenbergs waren. Johanna Gulmans erscheint auch bei der Uedemer Familie Langenberg als Patin. Bruder der Johanna Gulmans war Johannes Gulmans (+ 10.02.1769), Gerharda Langenberg ( 30.06.1698, + 28.09.1774), Tochter von Johannes Langenberg und Johanna Köppen. Eine ältere Aleidis Riddermanns war die Schwiegermutter des Johannes Langenberg ( 13.08.1677) Johanna Köppen ( 17.12.1679).
Am 04.02.1705 tritt Rutgerus neben Johanna Gulmans als Pate einer Aleidis Bouwmans, einer Tochter des Henricus Bouwmans und der Johanna de Meegen, in demselben Kirchenbuch in Erscheinung. Die Beziehungen des Rutgerus zu Uedem deuten möglicherweiweise auf verwandtschaftliche Zusammenhänge zwischen den Kalkarer und Uedemer Langenbergs hin.
Aus der Ehe des Rutgerus van Langenberg mit Johanna Lemmen gingen bis 1700 folgende Kinder hervor:
Wahrscheinlich sind die Langenbergs erst nach 1650 nach Kalkar gekommen, denn in dem katholischen Kirchenbuch I von Kalkar, das 1633 beginnt, kommen augenscheinlich keine Langenbergs vor. Die Eintragungen sind jedoch z.T. so verblaßt, daß man nicht alles lesen kann. Auch im Kalkarer Bürgerbuch kommen sie vor 1650 nicht vor. Im Kirchenbuch II ab 1658 erscheinen die obengenannten Familienmitglieder. In katholischen Kirchenbüchern ist mir der Vorname Alexander bisher nicht begegnet. Vielleicht kam er in der Familie vorher auch schon vor. Möglicherweise deutet dieser Vorname auf eine ehemalige Beziehung der Langenbergs zu den Pasqualinis hin.
Aus Notizen im Stadtarchiv Kalkar aus dem Jahre 1726 geht hervor, daß ein Alexander Langenberg aus Kalkar seit zehn Jahren in Amsterdam lebe und daß ein Hermann van Langenberg (21) und ein Anton van Langenberg (19) ein halbes Jahr vor Aufzeichnung der Notizen nach Amsterdam übergesiedelt seien. [89]
Julius Langenberg Sa 13. Aug 12:13:35 CEST 2016